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(Bild: Englisches Raygras (Lolium perenne) ist nicht nur Unkraut, sondern auch ein wichtiges Futtergras. Shutterstock)

Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 131

Pflanzen direkt in der Umwelt manipulieren

Forschenden in den USA und in China ist es erstmals gelungen, Gene Drives – eine sich selbst übertragende gentechnische Kettenreaktion – für Pflanzen zu entwickeln. Beim Einsatz dieses neuen Gentechnikverfahrens können Pflanzen statt im Labor direkt in der Umwelt manipuliert werden. Auf diese Weise sollen beispielsweise «Unkräuter» eliminiert, Herbizidresistenzen entgegengewirkt und Herausforderungen in Verbindung mit invasiven Arten oder dem Klimawandel begegnet werden.

Text: Zsofia Hock

Eine schnellere Ausbreitung künstlicher Genkonstrukte als dies bei normaler Vererbung der Fall ist? Was unvorstellbar klingt, wird durch Gene Drives ermöglicht. Das Ziel dieser Anwendung ist es, Populationen in der Natur zu verändern. Dabei wird die gentechnische Veränderung von Organismen aus dem Labor in die Umwelt verlegt. Die CRISPR-basierte gentechnische Kettenreaktion kann mit der Freisetzung einer neuen, hochinvasiven Art verglichen werden, die in der Lage ist, innerhalb kurzer Zeit unwiderrufliche ökologische Veränderungen zu bewirken. Denn in der Natur folgt die Vererbung von Genen in der Regel den  Mendelschen Gesetzen, die eine gleiche Chance für alle Allele vorsehen, an die nächste Generation weitergegeben zu werden – ein Eckpfeiler der darwinistischen natürlichen Selektion. Gene Drives führen jedoch dazu, dass bestimmte Gene mit einer höheren Rate als den erwarteten 50 Prozent vererbt werden, so dass sich diese Gene innerhalb weniger Generationen in der Population durchsetzen können, selbst wenn sie für die Organismen schädlich sind. Dieser Mechanismus ermöglicht die Manipulation natürlicher Populationen durch die Einführung von Eigenschaften, die der Mensch wünscht – selbst wenn sie den  Zielorganismen schaden.

Bereits 2015 wurden Gene Drives entwickelt, um Veränderungen im Erbgut von Hefepilzen und Insekten auszulösen, und 2019 erstmals bei Säugetieren1. Befürworter preisen die Technologie als einen effektiven Lösungsansatz an, der es ermöglicht, durch Insekten übertragene Krankheiten wie die Malaria einzudämmen, Ratten und andere invasive Arten – etwa die Rohrkröte, die in Australien einheimische Arten gefährdet  auszurotten und sogar das Aussterben bedrohter Arten zu verhindern. Eine Gruppe von Organismen war jedoch vom Forschungsboom bislang ausgenommen: Pflanzen.

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(Bild: Shutterstock)


Vorerst wurden Gene Drives an der Modellpflanze Ackerschmalwand im Labor getestet. Mit einer lascheren Regulierung der neuen Gentechnik bei Pflanzen könnten sie auf den Feldern landen. Dies ist zu  verhindern, denn die ökologischen Folgen sind weder kontrollierbar noch vorhersagbar.


 Erster Durchbruch – grosse Pläne

Gemäss der Zeitschrift «Nature Plants» gelang es nun erstmals, Gene Drives in Pflanzen zu entwickeln. Mit der Überwindung einer lange Zeit bestandenen technischen Hürde haben zwei Forschungsteams aus China und den USA unabhängig voneinander die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) – eine beliebte Labor-Modellpflanze,
die mit Senf verwandt ist – so verändert, dass sie eine genetische Information trägt, die zu 99 Prozent an die Nachkommen vererbt wird2,3. In den Experimenten wurde nachgewiesen, dass sich die synthetischen Genkonstrukte tatsächlich rasch in einer Population ausbreiten und die natürlichen Pflanzen verdrängen können. Die  Forschenden sehen darin einen innovativen Lösungsansatz für aktuelle Herausforderungen der Landwirtschaft – wie die Bekämpfung von herbizidresistenten Unkräutern  oder Pflanzenkrankheiten, die die Ernteerträge beeinträchtigen, oder invasive Pflanzenarten, die lokale Ökosysteme  stören. So könnte der Mechanismus, der die natürliche Evolution ausser Kraft setzt, Gene in natürlichen Populationen verbreiten, die Unkräuter anfälliger für Herbizide machen oder ihre Bestäubung und Anzahl verringern, so die Forschenden. Auch Gene, die für den Menschen nützlich sind, könnten so rasch in einer Population verbreitet werden – und so die Praxis der Kreuzung von erwünschten
Merkmalen beschleunigen.

Beide Teams rechnen damit, dass ihr Gene-Drive-System eine Pflanzenpopulation in 10 bis 30 Generationen mit einem Gen 11 sättigen könnte, das zu vollständiger Sterilität führt. Alternativ könnte das System ein Gen verbreiten, welches ein Unkraut unschädlich macht, ohne es zu beseitigen, und sogar vielleicht eines, das die Allergenität einer  Pflanze verhindert. Im Visier sind etwa Unkräuter wie Amaranthus palmeri, eine Fuchsschwanzart, die in mit Herbiziden behandelten GV-Sojafeldern zur Plage geworden ist  und bei Menschen Allergien auslösen kann. Laut den Forschenden könnten Landwirte jedes Jahr einen Randstreifen mit Gene-Drives-Unkräutern um ihre Felder herum  anpflanzen und so die Unkrautpopulation Stück für Stück auf null reduzieren.

Alternativ könnte auch die Herbizidanfälligkeit der resistenten Pflanze wiederhergestellt werden, wodurch auch die Wirksamkeit alter Chemikalien wiederhergestellt wäre.

Ob Gentechnik die Lösung für Probleme sein soll, die durch Gentechnik, Herbizideinsatz und Monokulturen ausgelöst wurden, ist jedoch – auch hinsichtlich der Vielzahl unplanbarer Auswirkungen – fraglich.

 Die Genschere macht es möglich

Grundlage der patentierten Gene-Drive-Verfahren ist die Genschere CRISPR/Cas. In diesem Fall schaltet sie natürliche Gene aus, die für die Bildung von männlichen Pollen  und/oder weiblichen Eizellenund damit für die Fortpflanzung der Pflanzen unverzichtbar sind. Das Team aus den USA nennt das Verfahren deswegen «Keimzellen-Killer».

Bei diesen Studien wurde ausserdem ein Gen eingeführt, das dafür sorgt, dass nur die gentechnisch veränderten Pflanzen überleben. Mit jeder weiteren Generation stieg so  der Anteil der Gentechnikpflanzen in den Testpopulationen. Würden derart veränderte Pflanzen in der Natur freigesetzt, könnten diese den eingefügten Gene Drive in der  Umwelt verbreiten und so die natürlichen Populationen verändern oder ausrotten.

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(Bild: Shutterstock)


Viele Pflanzensamen können mehrere Jahre im Boden überdauern. Die gestaffelte Keimung von Individuen, die kein Gene-Drive-Konstrukt enthalten, verhindert, dass dieses seine Wirkung entfaltet.


 Biologische und technische Einschränkungen

Die neuen Forschungsergebnisse versprechen laut den Forschenden eine robuste Übertragungsrate von 88 bis 99 Prozent über zwei aufeinanderfolgende Generationen. Resistenzallele, welche die Ausbreitung des Gene-Drive-Konstrukts in den Populationen hemmen könnten, sollen kaum gebildet werden. Der Ansatz biete daher eine solide Grundlage für die schnelle gentechnische Veränderung oder Unterdrückung von fremdbestäubten Populationen, so die Forschungsteams. Zahlreiche Einschränkungen verhindern aber, dass die Methode zuverlässig funktioniert und die notwendige Wirksamkeit für ein nachhaltiges Erreichen des gewünschten Ziels (bspw. die  Unkrautunterdrückung) gewährleisten kann.

So etwa die bemerkenswerte Vielfalt an Lebenszyklen in der Pflanzenwelt. Die Samen vieler Pflanzenarten können im Boden für längere Zeit keimfähig bleiben (Samenruhe).  Die so entstehenden Samenbanken können die Ausbreitung und Aufrechterhaltung eines Gene-Drive-Systems erheblich beeinflussen. Beispielsweise ist es  nicht auszuschliessen, dass Samen im Boden überleben, die keine Gene Drives enthalten. Als eine Art demografischer Puffer wirken sie gegen das Aussterben oder die  Veränderung der Population und können die Wirkung der Technologie verzögern oder gar verhindern.

Eine andere grundlegende biologische Einschränkung entsteht bei der Bestäubung. Denn Gene Drives funktionieren nur bei Pflanzen, die fremdbestäubt sind – viele lästige  Unkräuter sind es aber nicht. So etwa der Zurückgekrümmte Amarant (Amaranthus retroflexus) oder der Bastard- Amarant (Amaranthus hybridus). Beide Arten sind   selbstbestäubt, was die Weitergabe des Gene Drives verhindert. Auch polyploide Arten, die mehrere Kopien des Erbguts besitzen, bereiten den Forschenden  Kopfzerbrechen, da hier ein Mechanismus notwendig wäre, der fähig ist, alle Kopien gleichzeitig zu verändern.Letztendlich können Pflanzen – so wie sie dies gegen Herbizide tun – eine Resistenz gegen das eingefügte Gene-Drive-System entwickeln. Gene Drives als nachhaltiges Allheilmittel für die Unkrautbekämpfung zu betrachten, wäre also blauäugig. Bedenken In der Öffentlichkeit bestehen zudem grosse Bedenken gegen die Einführung von gentechnischen Veränderungen in Wildpopulationen. Einsätze von Gene Drives sind hoch riskant – darüber sind sich zahlreiche Organisationen und Behörden einig. Denn die ökologischen Folgen der Freisetzung von Gene-Drive-Pflanzen sind unvorhersehbar und unkontrollierbar.

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(Bild: Shutterstock)


Viele Pflanzensamen können mehrere Jahre im Boden überdauern. Die gestaffelte Keimung von Individuen, die kein Gene-Drive-Konstrukt enthalten, verhindert, dass dieses seine Wirkung entfaltet.


So könnten sich etwa die manipulierten Gene im Laufe der Zeit auf andere Arten ausbreiten. Da viele Unkräuter unter anderem auch wichtige Weidearten sind, wie zum  Beispiel Weidelgras (Lolium spp.), – manchmal auf demselben Betrieb – tauchen hier komplexe regulatorische, verwaltungstechnische und ökologische Bedenken auf. Eine  unkontrollierte Weitergabe des Gene-Drive-Konstrukts könnte zu einem unerwünschten Rückgang oder zum Aussterben von Arten führen, die für die Landwirtschaft wichtig  sind. Invasive Pflanzen sind ausserdem nur an ihrem neuen Standort lästig – in ihrem Heimatgebiet sind sie wichtige Bestandteile der Flora und spielen eine wichtige Rolle in  den lokalen Ökosystemen. Mitgeschleppte Pflanzen mit Gene-Drive-Systemen könnten diese Funktionen zerstören.

In freier Natur zufällig entstandene Mutationen und Wechselwirkungen können ebenfalls unvorhergesehene Auswirkungen haben, die nicht mehr rückgängig gemacht  werden können. Dadurch ausgelöste Schäden an der Artenvielfalt sind möglicherweise irreversibel. Die rasche Veränderung oder Dezimierung von wildlebenden  Populationen wirft zudem auch ethische Fragen auf.

Letztendlich stellen die vielfältigen Lebensstrategien der Pflanzen nicht nur technische Hürden dar, sondern werden auch zur Gefahr: Im Boden gelagertes Gene-Drive- Vermehrungsmaterial von Arten mit einer langlebigen Samenbank könnte etwa bei der Bodenbearbeitung durch landwirtschaftliche Maschinen leicht mitverschleppt werden.

In den aktuellen Publikationen werden diese Risiken teilweise angesprochen. Die beteiligten Forschungsteams sind der Ansicht, dass die Verfahren trotzdem funktionieren und eingesetzt werden könnten.Testbiotech, das unabhängige Institut für die Folgenabschätzung im Bereich Gentechnik fordert hingegen ein Verbot der Freisetzung von  Gentechnikorganismen, die das Ziel haben, natürliche Populationen zu verändern. Das Europäische Parlament hält das Gene-Drive-Verfahren für nicht vereinbar mit dem  Vorsorgeprinzip der EU und hat 2021 ein Verbot verlangt, um die Artenvielfalt nicht weiter zu beeinträchtigen. Und auch die SAG hat den Bundesrat bereits 2020  aufgefordert, sich für ein globales Moratorium einzusetzen. Zu Recht, denn geht es nach den Deregulierungsplänen der Industrielobby, könnten auch solche aggressiven  Anwendungen der Genschere Rückenwind bekommen und aus dem Proof-of-Concept-Stadium herauswachsen, um Realität zu werden. Davon profitieren wird aber weder  die Landwirtschaft noch die Natur.
 

1 ENSSER 2019 Gene Drives. A report on their science, applications, social aspects, ethics and regulations
https://ensser.org/publications/2019-publications/gene-drives-a-report-on-their-scienceapplications-social-aspects-ethics-and-regulations/

2 Oberhofer G et al. 2024 Cleave an Rescue gamete killers create conditions for gene drive in plants. Nature Plants 10: 936-953
https://www.nature.com/articles/s41477-024-01701-3

Macilwain C 2005 US launches probe into sales of unapproved transgenic corn. Nature 434 (7032):423–424.
https://www.nature.com/articles/nature03570

3 Liu Y et al. 2024 Overriding Mendelian inheritance in Arabidopsis with a CRISPR toxin-antidote gene drive that impairs pollen germination. Nature Plants 10: 910-922
https://www.nature.com/articles/s41477-024-01692-1

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(Bild: Zsofia Hock)

Wird die neue Gentechnik dereguliert, können konventionell oder ökologisch produziertes Getreide, Gemüse und Obst nicht mehr vor Kontaminationen geschützt werden.


Bei einer Pflanze der Kategorie 1 erlaubt der Kommissionsentwurf, dass sie bis zu 20 (verschiedene) genetische Veränderungen aufweisen darf und - ohne weitere wissenschaftliche Analyse und Risikobewertung - trotzdem als gleichwertig mit konventionellen Pflanzen angesehen und ohne Kennzeichnung oder Rückverfolgbarkeit vermarktet werden kann. Das European Network of Scientists for Social and Environmental Responsibility (ENSSER)6 kritisiert dies in einer Stellungnahme scharf: Die gewählten Kriterien seien willkürlich, unklar definiert und im konkreten Fall schwer interpretierbar. Um die Risiken einer neuartigen Pflanze tatsächlich einschätzen zu können, müssten ganz andere Aspekte abgefragt werden: So ist bekannt, dass es nicht auf die Anzahl der bei einer Mutation veränderten Nukleotide ankommt, sondern auf die intendierten und nicht intendierten Folgen der Veränderung, z. B. veränderte Genfunktionen. Auch ist relevant, an welcher Stelle im Erbgut Mutationen auftreten.

Unbeabsichtigte Veränderungen, die es im gesamten Genom durch die verschiedenen Verfahrensschritte einer gentechnischen Veränderung geben kann, sind im Verordnungsentwurf7 ausdrücklich von allen Anforderungen an Nachweis und Analyse ausgenommen. Sie werden für den Regulierungsprozess quasi unsichtbar, obwohl ihr hohes Risikopotenzial bekannt ist.

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(Bild: Shutterstock)

Die Schweiz bezieht grosse Mengen Saatgut aus der EU. Eine Deregulierung in der EU betrifft also auch die Schweizer Landwirtschaft.


Testbiotech weist in einer Stellungnahme zum Verordnungsentwurf darauf hin, dass in Zukunft auch NGT-Pflanzen, die sich substanziell von konventionell gezüchteten Pflanzen unterscheiden, ohne spezifische Kontrollen freigesetzt und vermarktet werden könnten. Dazu zählt z. B. die in Japan zugelassene GABA-Tomate, deren Verzehr angeblich entspannungsfördernd und blutdrucksenkend wirken soll. Die Anzahl und die Grösse der genetischen Veränderungen in der Tomate liegen im Rahmen der vorgeschlagenen Kriterien, mit denen die Gleichwertigkeit zur konventionellen Züchtung festgelegt werden soll. Entsprechend der neuen EU-Regulierung könnten die beabsichtigten Eigenschaften der Tomaten höchstens noch als «novel food» reguliert werden, unbeabsichtigte genetische Veränderungen sowie Auswirkungen auf die Umwelt8 würden nicht mehr geprüft.

NGT-Pflanzen der Kategorie 2 sollen entsprechend ihres «Risikoprofils» reguliert werden. Nur bei «plausiblen Hinweisen» auf Risiken soll eine differenziertere Risikobewertung erforderlich sein. Neben der abgeschwächten Risikoprüfung kann die im bisherigen Gentechnikrecht verankerte Pflicht zur Vorlage eines Nachweisverfahrens entfallen, wenn die Antragsteller «belegen» können, dass sich ein derartiger Nachweis technisch nicht entwickeln lässt. 9

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(Bild: Shutterstock)

Pflanzen wie die GABA-Tomate könnten in Zukunft unreguliert und ungekennzeichnet auf den Markt kommen.


Mit der geplanten Deregulierung der neuen Gentechnik leitet die EU-Kommission einen Paradigmenwechsel ein: Bis jetzt war die Produktion gentechnikfreier Lebens- und Futtermittel ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für die europäischen Betriebe. Konventionell oder ökologisch produziertes Getreide, Gemüse und Obst waren in Europa zu 100 % gentechnikfrei. Da ein Schutz vor Kontaminationen in Zukunft schwierig bis unmöglich wird - bei Koexistenzregeln (nur für NGT-Kategorie-2-Pflanzen) droht ein Flickenteppich10, ein Opt-out für Mitgliedstaaten ist nicht mehr vorgesehen –, dürften die landwirtschaftlichen Betriebe und Verarbeiter diesen Wettbewerbsvorteil rasch verlieren. Den Druck der globalen Konkurrenz werden besonders bäuerliche Betriebe zu spüren bekommen, also ausgerechnet jene, die für die Agrarwende so wichtig wären. Akut bedroht ist auch der Biolandbau, obwohl gerade dessen Ausbau ein wirksames Mittel wäre, um die Folgen der Erderhitzung für die die Landwirtschaft zumindest abzumildern. Profitieren werden einzig multinationale Chemie- und Saatgutkonzerne wie Bayer und Co., da sie – über die Patentierung – neue Möglichkeiten erhalten, um ihre marktbeherrschende Stellung weiter auszubauen.

Für die gentechnikkritische Szene in der Schweiz sollte angesichts der auch hier anstehenden politischen Diskussionen klar sein: Technologien wie CRISPR/Cas blockieren die wirklich wichtigen und dringlichen Umbaumassnahmen in der Landwirtschaft. Daher muss ihre Deregulierung entschieden bekämpft werden.

1 Gelinsky, E. 2023: Neue Gentechnik. Als Lösungspotenzial überbewertet. In: Kultur und Politik, 2/2023, S. 4 – 5. Online verfügbar unter: www.semnar.ch/pdfs/kultur_politik_2_2023_Gelinsky.pdf
2 www.ec.europa.eu/info/law/better-regulation/haveyour-say/initiatives/13119-Rechtsvorschriften-fur-Pflanzendie-mithilfe-bestimmter-neuer-genomischer-Verfahren-gewonnen-werden_de
3 Zum aktuellen politischen Prozess siehe z. B. www.keine-gentechnik.de/nachricht/34804?cHash=7aa6859810d054c52310e258b15cb8b3
4 www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-92722.html
5 Das Gleiche gilt für «herkömmliche» transgene Gentechnikpflanzen.
6 Analysis statement by ENSSER on the EU Commission’s new GM proposal. Here for Annex 1 on NGT “equivalence criteria”. Online verfügbar unter: www.ensser.org/press_release/analysis-statement-byensser-on-the-eu-commissions-new-gm-proposal-herefor-annex-1-on-ngt-equivalence-criteria/
7 Background on the EU Commission draft proposal for criteria concerning the equivalence of NGT plants to conventional plants. Online verfügbar unter: https://www.testbiotech.org/content/background-eu-commission-draft-proposal-criteria-equivalence-ngt-plants
8 Angesichts der vielfältigen Funktionen von GABA – die γ-Aminobuttersäure steuert u. a. das Wachstum der Pflanzen, die Resistenz gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten – ist anzunehmen, dass ein derartiger Eingriff ins Erbgut den Stoffwechsel der Tomaten auf verschiedenen Ebenen beeinflusst. Dies führt möglicherweise auch zu ungewollten gesundheitlichen Auswirkungen beim Verzehr der Früchte. Zudem können bei den Pflanzen veränderte Reaktionen auf Umwelteinflüsse auftreten, was wiederum auch Einfluss auf die Inhaltsstoffe der Früchte und deren Verträglichkeit haben kann.
9 Weitere Details und Bewertungen zum Verordnungsentwurf gibt es z. B. in der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft (AbL): https://www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Gentechnikfrei/Hintergrund/AbL-Bewertung_Verordnungsentwurf_zu_den_neuen_Gentechnik-Pflanzen_25.07.2023.pdf
10 Koexistenzregeln sollen zukünftig in den einzelnen Mitgliedstaaten entwickelt und umgesetzt werden.


PDF Gentechfrei Magazin, Nr. 126