210426Nano empa
Forschende der Empa und der ETH Zürich haben Nanopartikel (rot) entwickelt, die resistente Bakterien (gelb) abtöten können. Bild: nachkolorierte elektronenmikroskopische Aufnahme, Empa

Multiresistente Krankheitserreger werden in der modernen Medizin zunehmend zu einem gravierenden Problem. Wo Antibiotika wirkungslos bleiben, können Bakterien lebensgefährliche Infektionen verursachen. Forschende der Empa und der ETH Zürich haben nun neuartige Nanopartikel entwickelt, mit denen sich multiresistente Erreger aufspüren und abtöten lassen, wie sie in einer aktuellen Studie im Fachmagazin «Nanoscale» schreiben. Antibiotika, die einstigen Wunderwaffen, versagen im Kampf gegen Keime immer öfter. Einige Bakterienarten ziehen sich ins Innere menschlicher Körperzellen zurück, wo sie vom Immunsystem unbehelligt bleiben.

Zu diesen besonders gefürchteten Erregern gehören auch sogenannte multiresistente Staphylokokken (MRSA). Sie können lebensgefährliche Krankheiten wie Blutvergiftungen oder Lungenentzündungen hervorrufen. Um die Keime in ihrem Versteck aufzuspüren und unschädlich zu machen, hat ein Team von Forschenden der Empa und der ETH Zürich nun Nanopartikel entwickelt, die einen anderen Wirkmechanismus als herkömmliche Antibiotika nutzen: Während Antibiotika schlecht in Körperzellen eindringen können, gelingt es diesen Nanopartikeln aufgrund ihrer geringen Grösse und Beschaffenheit, sich ins Innere der befallenen Zelle einschleusen zu lassen und dort die Bakterien zu bekämpfen.

 

Hierzu haben die Forschenden das Material Ceroxid eingesetzt, das in seiner Nanopartikel-Form antibakteriell und entzündungshemmend wirkt. Die Nanopartikel kombinierten sie mit einem bioaktiven Keramikwerkstoff, sogenanntem Bioglas, das regenerative Eigenschaften hat und beispielsweise für den Wiederaufbau von Knochen und Weichteilen eingesetzt wird. Die neuartigen Partikel zeigten eine signifikante Wirkung gegen Bakterien und die Behandlung sei für menschliche Zellen gut verträglich, schreiben die Forschenden. Die neue Technologie liessen sie vor kurzem patentieren.

Bakterien zerstören

Den genauen Wirkmechanismus der Cerium-haltigen Partikel konnten die Forschenden aber noch nicht vollständig klären. Erwiesen ist, dass auch andere Metalle antimikrobielle Effekte aufweisen. Cerium ist allerdings weniger giftig für Körperzellen als beispielsweise Silber. Die Forschenden nehmen derzeit an, dass die Nanopartikel auf die Zellmembran der Bakterien einwirken, wobei reaktive Sauerstoffverbindungen entstehen, die zur Zerstörung der Keime führen. Da die Membran von menschlichen Zellen anders aufgebaut ist, bleiben Körperzellen von diesem Vorgang verschont.

Als nächstes wollen die Forschenden die Interaktionen der Partikel im Infektionsgeschehen genauer analysieren, um die Struktur und Zusammensetzung der Nanowirkstoffe weiter zu optimieren. Das Ziel ist, ein einfaches, robustes antibakterielles Mittel zu entwickeln, das im Inneren infizierter Zellen wirksam ist.