(Bild: Wikimedia Commons).
Die Schweizer Allianz Gentechfrei begrüsst die Erstellung des umfassenden Berichts, der den rechtlichen Status der neuen gentechnischen Verfahren (NGV), sowie den bei der Regulierung zur Verfügung stehenden Spielraum und die Verantwortlichkeiten klären soll. Die wichtigste Schlussfolgerung des heute publizierten Berichts ist, dass auch die NGV Gentechnik sind und dementsprechend im Gentechnikgesetz (GTG) reguliert werden müssen. Dies geschieht im Sinne des Rechtsurteils des Europäischen Gerichtshofes (2018). Erfreulich ist, dass der Bundesrat die Notwendigkeit einer prozessbasierten Regulierung anerkennt. Wenn es jedoch darum geht, konkrete rechtliche Probleme zu lösen, die der Anbau der neuen GVO mit sich bringen würde, bleibt der Bericht sehr vage.
Begrüssenswert ist die zentrale Bedeutung, welche der Verfassungskonformität beigemessen wird: das Augenmerk wird auf die Einhaltung des Vorsorgeprinzips gelegt. Ebenfalls als zentral erachtet die SAG die obligatorische Kennzeichnung der Produkte der NGV, welche im Bericht als wichtigstes Mittel zur Gewährleistung der Wahlfreiheit für Konsumierende genannt wird.
Der Bericht zeigt Optionen zur Anpassung der bestehenden Regulierung auf. In Bezug auf diese bemängelt SAG Präsidentin und Nationalrätin Martina Munz die fehlenden Empfehlungen zur Regelung der Koexistenz: „Hier werden anstatt konstruktiver Lösungsansätze lediglich alte Vorschläge für mögliche Koexistenzprojekte hervorgeholt, die bereits mit überwältigender Mehrheit vom Parlament und den Kantonen abgelehnt wurden.“ Der Bericht stuft zudem eine Koexistenz als realisierbar ein: Ein klarer Widerspruch zu den Ergebnissen des NFP 59. Das NFP 59 erachtet die Machbarkeit der Koexistenz in der Schweiz mit ihren kleinräumigen landwirtschaftlichen Strukturen als schwierig. Beispiele aus allen Regionen der Welt, wo GVO angebaut werden, zeigen ein ähnliches Bild: Es kommt stets zu Kontaminationen. Dass diese Aspekte im vorliegenden Bericht untergingen ist ein grosser Mangel. Denn die erhofften Kostenvorteile durch Gentechnikpflanzen sind rein theoretisch. Zudem würden sie von den Kosten einer einigermassen sicheren Koexistenz und nötiger Schutzmassnahmen für die gentechnikfreie Landwirtschaft mehr als übertroffen. Gemäss den Erkenntnissen aus dem NFP59 wäre eine Anpassung des GTG dringend notwendig, um eine Koexistenzregulierung ausarbeiten zu können.
Zu wenig wird zudem auf den problematischen Aspekt der Patentierbarkeit der NGV und deren Produkte eingegangen. Der Bericht versäumt zu erörtern, dass dies bereits zur marktbeherrschenden Stellung einiger weniger Grosskonzernen geführt hat – Tendenz steigend. Da diese nicht dazu verpflichtet sind anzugeben, welche ihrer vermarkteten Produkte mittels patentierter Erfindungen entwickelt wurden, besteht eine grosse Intransparenz und Rechtsunsicherheit, welche die Arbeit der gentechnikfreien Züchtung massiv einschränkt.
Die SAG fordert:
-Eine genaue Festschreibung der Haftung bei Schadensfällen im GTG
Insbesondere soll der Begriff des Schadens im GTG genau definiert werden. Neben Umweltschäden sollten auch die Träger:innen der Kosten für Kontaminationen in der gentechnikfreien Produktion bennant werden. Zurzeit schliessen Versicherungsgesellschaften Haftungen für GVOs in ihren Verträgen aus. Doch für die gentechnikfreie Produktion dürfen keine Kosten für die Qualitätssicherung anfallen, die ohne den GVO-Anbau nicht nötig wären.
-Eine klare rechtliche Definition des mögichen Mehrwerts eines NGV-Produktes für die Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumierenden.
Es muss u.a. festgehalten werden, wer über das Vorhandensein eines solchen Mehrwerts entscheidet und was passiert, wenn sich Mehrwerte für cerschiedene Bereiche (b.B. Umwelt und Konsumierenden) widersprechen.
Zum Factsheet: Kritik und Forderungen der SAG in Bezug auf den Bundesratsbericht