Nanomaterialien kommen bei der Entwicklung sogenannter elektronischer Haut ("e-Skin") zur Anwendung. Bild: Someya Laboratory.
Manche Menschen sind sich bereits heute an den Fitness Tracker am Handgelenk gewohnt. Das Fitnessarmband überwacht die zurückgelegte Strecke, die Anzahl der Schritte, zählt die bewältigten Treppenstufen, berechnet die verbrannten Kalorien, wacht über den Schlafrhythmus und die Schlafqualität und gewisse Modelle überwachen die Herzfrequenz. Projekte mit nanotechnologischen Materialien streben heute an, neue Möglichkeiten für flexible und dehnbare Monitoring-Geräte zu realisieren, die direkt auf der Haut getragen werden. Man spricht in Fachkreisen von elektronischer Haut ("e-Skin"), epidermaler Elektronik oder elektronischer Tätowierung. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Mensch-Maschinen-Schnittstelle. Die auf der Haut befestigten Sensoren sollen als diagnostische Instrumente im Bereich der Medizin angewandt werden.
Liu et al. (2017) gaben kürzlich zu den Entwicklungen eine Übersicht in der Zeitschrift „ACS Nano“. Die Haut sei das grösste Organ des menschlichen Körpers, betonen die Autoren. Sie biete sich daher als eine Diagnose-Schnittstelle mit biologischen Signalen von inneren Organen, Blutgefässen oder Muskeln an. Darauf lasse sich ein kontinuierliches Gesundheits-Monitoring aufbauen. Der Artikel gibt einen Überblick zum Stand, den Anforderungen und den Eigenschaften von Nano-Labors auf der Haut (“lab-on-skin”). Er bietet auch eine Übersicht der Anwendungsbereiche, so in der Kardiologie, Dermatologie, Elektrophysiologie oder der Diagnostik von Schweiss. Ein Schwerpunkt der Publikation ist die Frage, inwieweit diese Nano-Labors auf der Haut die heutigen konventionellen klinischen Werkzeuge ersetzen können.
Zweifellos werden solche intelligenten Sensoren als Messfühler auf der Haut künftig eingesetzt und kommerzialisiert werden - mit neuartigen Funktionalitäten zur Registrierung oder Überwachung von Körperfunktionen mittels tragbarer Elektronik. Ziel ist es, dass die Energiegewinnung für den Betrieb der eingebauten Elektronik gleich von ihr selber geliefert wird. Damit kommerzielle Anforderungen erfüllt werden, müssen die elektronischen Elemente leitend, elastisch, flexibel, tragbar und leicht sein. Zudem müssen die Materialeigenschaften eine hohe Haltbarkeit garantieren.
Die Forschung in diesem Bereich entwickelt sich rasch und intensiv. Die Zielsetzungen sind vielfältig. Beispielsweise wird tragbare Nano-Elektronik für die Überwachung von Gesundheitsparametern wie Herzfrequenz, Muskelaktivität (siehe Miyamoto et al. 2017) oder Diabetes (siehe Lee et al. 2016) erforscht und entwickelt. Die unterschiedlichsten Nanomaterialien und verschiedenste Konstruktionen für diese „zweiten Haut“ werden gegenwärtig erforscht. Ein Favorit für solche Bausteine ist Graphen (einlagige Nano-Kohlenstoffschichten), weil es hervorragende elektrische Eigenschaften und eine hohe thermische Leitfähigkeit aufweist, zudem hochtransparent und ultradünn ist.
So berichteten Zhao et al. in der September-Ausgabe (2017) der renommierten Zeitschrift „ACS Applied Material & Interfaces“ über Graphen-gewobene Stoff-Fasern zur gleichzeitigen Messung der Temperatur und der Feuchtigkeit. Solche Materialien könnten sowohl in der Umwelt wie auch beim Menschen im Bereich des Gesundheitsmonitoring angewandt. Ein entwickelter Sensor wurde bei Babywindeln getestet. Sobald es beim Kind in der Nacht zu Bettnässe kommt, registriert der Sensor die sich erhöhende Temperatur und Feuchtigkeit durch den Urin. Die Eltern könnten sofort über die nassen Windeln informiert werden, falls der Sensor an einen Alarm angeschlossen wäre.
Die SAG hat bereits 2014 in ihrem Factsheet „Nanotechnologie bei Textilien“ sechs Beispiele von solchen smarten, also schlauen und geschickten, nanotechnologischen Entwicklungen präsentiert. So wird dort unter anderem gezeigt, wie Wang et al. 2014 über einen flexiblen und tragbaren Belastungssensor berichteten, dem ein Graphen-Fasergewebe auf einen Verbundwerkstoff aus einem Polymer zu Grunde liegt. Der Bewegungssensor ist ultraleicht, hat eine gute Empfindlichkeit gegen über Bewegungsänderungen und eine ausgezeichnete physikalische Robustheit. Zudem ist die Produktion einfach und der Sensor passt sich gut an Deformationen der menschlichen Haut an. Um den Sensor zu testen, wurden schwache menschliche Bewegungen ausgewählt, so beispielsweise das Ballen der Faust, die Stimm- bzw. Lautbildung, die Veränderung des Gesichtsausdrucks, Blinzeln, Atmen oder der Pulsschlag. Laut den Autoren liegen zukünftige Anwendungen der Sensoren – nebst beispielsweise der Robotik oder der Diagnostik – bei der Detektion von Bewegungen des Menschen, was auch der Gesundheitsüberwachung dienen könnte.
- Externer Link: SAG Factsheet „Nanotechnologie bei Textilien“