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In zahlreichen Ländern der EU haben über 50 Nichtregierungsorganisationen eine Petition zur Regulierung der Gentechnik in der Landwirtschaft lanciert. Diese ist aus Protest gegen die Deregulierungspläne der EU-Kommission entstanden. Denn geht es nach den Forderungen der Agrarindustrie, denen auch die Kommission nachzugeben scheint, soll das bestehende EU-Gentechnikrecht für genomeditierte Organismen aufgeweicht und durch eine vereinfachte Zulassung ersetzt werden. Von den Folgen einer solchen Deregulierung wäre auch die Schweiz betroffen.
In der EU unterliegen aktuell alle Lebensmittel, die mit der neuen Gentechnik hergestellt werden, dem EU-Gentechnikrecht. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2018 müsste dies weiterhin so bleiben, so dass jedes Produkt aus diesen Verfahren einer Risikobewertung, Zulassung, Kennzeichnung und Rückverfolgung unterliegen muss. Die an der Petition beteiligten NGOs befürchten jedoch, dass sowohl die Risikoprüfung als auch die Kennzeichnungspflicht fallen könnten und fordern ihre Regierungen und die EU-Entscheidungsträger zum Handeln auf.
Das Vorsorgeprinzip müsse weiterhin die Leitlinie im Umgang mit der Gentechnik in der Landwirtschaft bleiben, so die Teilnehmenden. Nur so könne die Wahlfreiheit bei Produktion und Konsum weiterhin gewährleistet werden: Konsument:innen hätten das Recht zu erfahren, ob die Lebensmittel, die auf ihren Teller landen, frei von Gentechnik sind, betont beispielsweise Global2000, die führende Umweltschutzorganisation Österreichs.
Die in der EU etablierten Kontrollsysteme für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel hätten sich in der langjährigen Anwendung bewährt und machen es möglich, negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt vor einer Marktzulassung zu erurieren. Statt den Forderungen der Saatgut- und Agrochemie-Industrie zu folgen und die Risikoprüfung zu vernachlässigen, sei mehr unabhängige Forschung zu den Auswirkungen neuer gentechnischen Verfahren auf Gesundheit und Umwelt nötig, fordern die NGOs. Auch die rasche Entwicklung von Nachweisverfahren für neue Gentechnik in Lebensmitteln müsse Priorität haben. Denn während die Entwicklung neuer gentechnischer Methoden für die Landwirtschaft in Europa ein gut finanziertes Gebiet sei, spiele die unabhängige Risiko- und Sicherheitsforschung eine untergeordnete Rolle. Die EU-Mitgliedsstaaten geben bislang im Bereich der neuen gentechnischen Verfahren nur 1,6 Prozent ihrer Forschungsgelder für Risikoabschätzung, Monitoring und Nachweismethoden aus, so Global 2000.
Zudem gebe es kaum Belege dafür, dass die neue Gentechnik Nachhaltigkeitsversprechen der Agrarkonzerne, wie die Reduzierung des Pestizideinsatzes oder der klimaschädlichen Emissionen aus der Landwirtschaft, erfüllen werde, so die Organisationen. Anstelle von schnellen Technofixes mit kurzfristiger Wirkung und unbekannten Risiken brauche die Landwirtschaft echte Lösungen mit einer Ursachenanalyse, einen Paradigmenwechsel weg von der industrialisierten Produktion hin zur Nachhaltigkeit. Die Beibehaltung einer strengen Regulierung aller gentechnischen Verfahren trage zur Erhaltung der Vielfalt der genetischen Ressourcen, zum Schutz natürlicher Ökosysteme und der menschlichen Gesundheit bei, betont die Organisation Friends of the Earth Europe, die ebenfalls an der Petition beteiligt ist.
Auswirkungen der Entwicklungen in der EU auf die Schweiz
Die Regulierung der neuen Gentechnik in der EU hat direkte Auswirkungen auf den Agrar- und Lebensmittelhandel in der Schweiz und somit auch auf die Gestaltung des Schweizer Gentechnikrechtes. Geklärt werden müssen folgende Fragen: Welche Kosten entstehen, wenn in der Schweiz gentechnisch veränderte und herkömmliche Kulturen nebeneinander angebaut werden und vor gentechnischer Verunreinigung geschützt werden müssen? Wie kann die Wahlfreiheit von Konsum und Landwirtschaft weiterhin gewährleistet werden? Wie sind die Risiken neuer Techniken zur gentechnischen Veränderung zu bewerten? Wer trägt die Verantwortung, wenn es zu einer Kontamination der Produktionsketten kommt? Eine verantwortungsvolle Klärung dieser Punkte kann nur gewährleistet werden, wenn die neuen gentechnischen Verfahren innerhalb des Gentechnikgesetzes geregelt sind. Nur so kann die Sicherheit von Lebensmitteln und Umwelt gesichert werden.
Die SAG unterstützt deshalb die Petition in der EU, die auch von Nicht-EU Bürger:innen unterzeichnet werden kann. Helfen Sie mit, eine gentechfreie schweizer Landwirtschaft zu erhalten!