240121 Nachweismethoden
Für den Nachweis von Produkten der neuen Gentechnik braucht es neue Verfahren. Die EU finanziert zwei Projekte. Bild: Shutterstock

Der Nachweis und die Identifizierung von neuen, teils unbekannten genomeditierten Organismen (NGT) stellen die Behörden vor grössere Herausforderungen. Die Nachweisverfahren, die für die Erkennung der Gentechnik der ersten Generation über Jahrzehnte entwickelt wurden, reichen nicht mehr zur Kontrolle der NGT, da diese oft keine genetischen Elemente enthalten, die eine eindeutige Rückverfolgbarkeit ermöglichen. Bislang ist der Nachweis von Veränderungen durch NGT nur dann möglich, wenn die Änderung der DNA-Sequenz vorab bekannt ist. Schwierig wird ein Nachweis jedoch bei Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken entwickelt wurden und die keine eingefügte rekombinante DNA enthalten.

Zuständig für die Kontrolle der Einhaltung der europäischen Anforderungen für Sicherheit und Transparenz, ist das Europäische Netzwerk für GVO Laboratorien ENGL, dem auch die Schweiz angeschlossen ist. Um ihren Auftrag wahrnehmen zu können, brauchen sie belastbare Verfahren, mit denen gentechnische Veränderungen in Produkten nachgewiesen werden können. Abhängig von der Grösse der Veränderung und der Nukleotidsequenz der umgebenden Region sei es nicht immer möglich, eine robuste und quantitative Methode zu entwickeln, die auf das GM-Mutationsereignis abziele, schreibt ENGL. Dies schaffe eine Unsicherheit, die zu Streitigkeiten in der Rechtsprechung führen könne.

Nur mit neuen Ansätzen ist Nachweis von NGT möglich

In diesem Zusammenhang diskutieren Experten über hochmoderne molekularbiologische Methoden, wie weiterentwickelte PCR-Verfahren (diese wurden zur Detektion von Transgenen verwendet) oder das Next-Generation Sequencing. Doch es müssen auch alternative Verfahren evaluiert werden, wie beispielsweise Datenbankanwendungen, um die Rückverfolgung gentechnisch veränderter Produkte sicherzustellen. Die EU hat daher zwei entsprechenden Forschungsprojekten rund 11 Millionen Euro zugesprochen.

Grundsätze der verantwortungsvollen Forschung und Innovation

Das Projekt Darwin, das bis Ende 2024 läuft, erhält rund 5 Mio. Es ist in Norwegen angesiedelt und wird von breiten Kreisen unterstützt, so etwa dem Verband Lebensmittel ohne Gentechnik VLOG. DARWIN wolle zu einem fairen, gesunden, sicheren und umweltfreundlichen Lebensmittelsystem beitragen, indem es eine innovative Nachweisstrategie mitentwickle, die gezielte analytische PCR-Methoden, ungezielte Sequenzierungsmethoden und digitale Lösungen integriere, heisst es in der Projektbeschreibung. DARWIN will dazu einen innovativen Ansatz zur Entwicklung genetischer Fingerabdrücke unter Verwendung künstlicher Intelligenz einbringen, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit ereignisspezifischen zielgerichteten Methoden zu überwinden und spezifische NGT-Linien eindeutig zu identifizieren.

Um rückverfolgbare Erkennungen entlang der Lebensmittelkette zu ermöglichen prüft DARWIN auch Innovationen unter Anwendung neuer digitaler Lösungen, wie z. B. Datenräume und dokumentationsbasiertes Screening mit Hilfe von KI-Modellen, um die Genauigkeit zu verbessern und die Auswahl der am besten geeigneten Nachweismethoden zu unterstützen.

Damit soll eine Unterscheidung zwischen Produkten, die mit neuen Genomtechniken hergestellt wurden und unter die GVO-Vorschriften fallen, und Produkten, die nicht unter die GVO-Vorschriften fallen, ermöglicht werden. Diese Methoden sollten sowohl an reinen Produkten als auch an Mischungen bewertet werden, die für die auf dem Markt befindlichen Lebens- oder Futtermittel typisch sind.

Die Projekt basiere auf den Grundsätzen der verantwortungsvollen Forschung und Innovation (Responsible Research and Innovation, RRI) und befähige eine Vielzahl von Interessengruppen - einschliesslich der Konsumierenden - in Europa und auf internationaler Ebene, einen soliden Beitrag zur Politikgestaltung zu leisten.

Weiterentwicklung von neuer Gentechnik im Fokus

Von der Biotechnologieseite – und das schlägt sich in der Zielsetzung nieder -  kommt das Forschungsprojekt DETECTIVE, das von der EU mit 6 Millionen unterstützt wird. DETECTIVE entwickle Ansätze zum Nachweis, zur Identifizierung und zur Quantifizierung von pflanzlichen und tierischen Produkten, die aus neuen genomischen Techniken (NGT) hervorgehen mit teilweise unbekannten genetischen Veränderungen, heisst es auf der Projektseite. Dazu will DETECTIVE einen Cluster von Datenbanken aufbauen, um ein auf maschinellem Lernen basierendes Screening zu ermöglichen und auch bei DETECTIVE sollen nicht-technische Ansätze zur Rückverfolgbarkeit und Authentizität zur Anwendung kommen, um umfassende Lösungen, einschliesslich ihrer jeweiligen wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen, für eine breite Palette von NGT-Produkten zu entwickeln. Diese Ergebnisse sollen NGT-Forschung und -Innovation fördern, die eine widerstandsfähige Primärproduktion (Landwirtschaft und Tierhaltung) von Nahrungsmitteln mit hohem Nährwert ermöglichen und so zu einem nachhaltigen, gesunden und integrativen Lebensmittelsystem in Europa beitragen, das sowohl den Erzeugern als auch den Verbrauchern Wahlmöglichkeiten bietet. DETECTIVE definiert sich als multidisziplinäres und sektorübergreifendes Konsortium, dessen Verbindungen zu relevanten Interessengruppen über einen Interessengruppen-Beirat ein besseres Verständnis und Bewusstsein für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Rückverfolgbarkeit, Authentizität und Transparenz von aus NGT gewonnenen Produkten ermöglichen werde.