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In Brasilien dürfen gentechnisch veränderte Bakterien, die im Darm krankheitserregende Salmonellen abtöten sollen, ins Futter gemischt werden. Bild: Shutterstock

Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA wurde von der Europäischen Kommission beauftragt, ein wissenschaftliches Gutachten zu neuen biotechnologischen Anwendungen bei Mikroorganismen, die in der Landwirtschaft und der Lebens- und Futtermitteln zum Einsatz kommen könnten, zu erarbeiten. Nun liegt der Bericht vor. Nach Einschätzung der EFSA sind die bestehenden Prüfrichtlinien nur teilweise einsetzbar und müssen nachgebessert werden, um mit den neuen Verfahren und deren Anwendungen Schritt halten zu können. Nach Einschätzung der EFSA müssten derartige Gentechnik-Bakterien vor einer Freisetzung einer genaueren Risikoprüfung unterzogen werden. Zudem will die Behörde auch die Risiken von Mikroorganismen untersuchen, die aus anderen Herstellungsprozessen wie der Zufallsmutagenese stammen.

Nach Ansicht von Testbiotech ist das zu begrüssen, ebenso wie ein Update der Prüfrichtlinien. Die Industrie hatte in der öffentlichen Konsultation zum Bericht der EFSA gefordert, die Prüfstandards deutlich niedriger anzusetzen. In einigen Ländern werden gentechnisch veränderte Mikroorganismen bereits in der Landwirtschaft und Tierfütterung eingesetzt. So können in den USA Gentechnik-Bakterien auf die Äcker ausgebracht werden, um die Stickstoffversorgung von Pflanzen zu verbessern. In Brasilien dürfen Gentechnik-Bakterien ins Futter gemischt werden, die im Darm krankheitserregende Salmonellen abtöten sollen. Das Erbgut dieser Bakterien enthält das Gen für eine Gen-Schere, die Salmonellen-DNA erkennen und zerstören kann. Soweit dazu Informationen vorliegen, wurden die Mikroben von den zuständigen Behörden nur unzureichend auf Risiken für Mensch und Umwelt geprüft.

Für irreführend hält Testbiotech jedoch die Aussage der EFSA, dass von gentechnisch veränderten Mikroorganismen keine höheren Risiken ausgehen würden als zum Beispiel von Bakterien aus Zufallsmutagenese. Die Gentechnik ermöglicht die Entwicklung von Mikroorganismen mit einem wesentlich höheren Gefahrenpotential für Mensch und Umwelt als frühere Methoden, schreibt Testbiotech warnt davor, dass sich die Risiken einer Freisetzung von Gentechnik-Bakterien oft nur unzureichend abschätzen lassen und fordert die Stärkung des Vorsorgeprinzips.

Mit der Revision im Jahre 2020 hat die Schweiz ihre Regulierung bei der Lebensmittelgesetzgebung stark an die EU angepasst. Werden EU-Zulassungsanträge für GV-Mikroorganismen von der EFSA bewilligt, sind die entsprechenden durch GVO-hergestellten Stoffe automatisch auch in der Schweiz zugelassen und können ohne weitere Bewilligung und Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden. Die SAG hatte diesen Entscheid kritisiert, da damit die Transparenz und Sicherheit für die Konsumierenden verschlechtert wurde. Laut einer Recherche von Inf'OGM wurden im Zeitraum von 2005 bis Mitte 2023 in der EU 273 Zulassungsanträge für Moleküle identifiziert, die durch gentechnisch veränderte Mikroorganismen (GVM) hergestellt worden sind, vor allem im Lebensmittelbereich. Doch auch in der Landwirtschaft beginnen immer mehr Firmen, Dünger und Pflanzenschutzmittel zu entwickeln, die aus Gentech-Mikroben bestehen. Einen Blick auf die Entwicklungen in diesem Bereich hat die SAG in einem Fokusartikel geworfen (GFI 123, Januar 2023).