GVO im Herstelltungsprozess aber nicht im Endprodukt. Wie viele Konsumierende sind sich dessen bewusst? (Bild: SAG)
Gemeinsam mit Partnern hat Swissveg zwei neue Labels lanciert: Das C-Label (C für cultivated) wurde bereits im Januar lanciert und das F-Label (F für fermented) wurde nun Mitte März veröffentlicht. Sie sollen den Konsumentinnen und Konsumenten Transparenz über die Herstellung der entsprechend gekennzeichneten Produkte verschaffen und so ihre Entscheidung erleichtern – ähnlich wie das V-Label für vegane oder vegetarische Produkte. Doch bringen die neuen Labels tatsächlich die erhoffte Transparenz, insbesondere in Bezug auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Produktionsprozess?
Wofür stehen die neuen Labels?
Das C-Label zeichnet kultivierte Fleisch- und Meeresprodukte aus, die mithilfe von Cellular Agriculture erzeugt werden. Cellular Agriculture ist eine Technologie, bei der tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eiweiss durch das Kultivieren von Zellen im Labor, statt durch das Aufziehen und Schlachten von Tieren hergestellt werden. Dies geschieht durch die Entnahme von tierischen Zellen, deren Wachstum und Vermehrung in Bioreaktoren und die anschliessende Verarbeitung zu den gewünschten Produkten. Bei bestimmten Schritten dieses Prozesses wird häufig auch Gentechnik eingesetzt, zum Beispiel für die tierleidfreie Herstellung von Wachstumsfaktoren, die die Zellen für ihre Vermehrung in den Fermentern benötigen (siehe SAG-Video zu Laborfleisch).
Das F-Label markiert Produkte, die mittels Präzisionsfermentation hergestellt werden. Präzisionsfermentation ist eine biotechnologische Methode, bei der Mikroorganismen wie Bakterien oder Hefestämme gentechnisch so verändert werden, dass sie bestimmte Produkte wie Proteine, Enzyme oder Nährstoffe produzieren. Durch das Kultivieren in Fermentern (grossen Edelstahlkesseln) werden die gewünschten Substanzen in grossen Mengen erzeugt. Neben der Präzisionsfermentation können sich auch weitere Methoden (z.B. die sogenannte Synthesegas-Fermentation) für das F-Label qualifizieren.
Beide Label beziehen sich somit in erster Linie auf den Herstellungsprozess, nicht auf die Inhaltsstoffe eines Produktes. Ein mit dem F- oder C-Label zertifiziertes Produkte ist also nicht zwangsläufig auch vegan oder vegetarisch. Während C-Label Produkte kaum vegan sein können, da sie in der Regel aufbauend auf tierischen Zellen erzeugt werden, sind F-Label Produkte je nach Definition vegan, da keine Tiere in der Herstellung verwendet werden dürfen, das Endprodukt jedoch Inhaltsstoffe enthalten kann, die identisch mit tierischen Inhaltstoffen (z. B. mit tierischen Proteinen) sind.
Gentechnisch veränderte Organismen im Herstellungsprozess
Ein Kriterium, das sowohl beim C- als auch beim F-Label erfüllt sein muss, um ein Produkt damit zu zertifizieren, ist «GVO frei». Auf den Webseiten der Labels wird genauer beschrieben, was das bedeutet: Das Endprodukt, das vermarktet wird, muss immer frei von GVO sein, wie dies der gesetzliche Rahmen vorschreibt.
Doch, wie bereits erwähnt, wird sowohl bei der Präzisionsfermentation als auch bei Methoden der Cellular Agriculture (z.B. Molecular Farming) im Herstellungsprozess häufig Gentechnik eingesetzt. Die dafür verwendeten Mikroorganismen werden gentechnisch verändert, damit sie den erwünschten Stoff produzieren. Da das Endprodukt von den Herstellerorganismen gereinigt werden muss, sollten darin jedoch theoretisch keine GVO mehr enthalten sein.
Die SAG steht der Verwendung von Gentechnik im Herstellungsprozess alternativer Proteine grundsätzlich kritisch gegenüber, u.a. da im Endprodukt öfters Verunreinigungen mit GVO oder deren Bestandteilen (etwa Antibiotika-Resistenzgene, bei denen Sicherheitsbedenken bestehen) nachgewiesen worden sind (siehe dazu unser Factsheet zu veganen Ersatzprodukten). Dennoch begrüssen wir die Einführung der Labels als wichtigen Schritt in Richtung Transparenz und Wahlfreiheit für Konsumentinnen und Konsumenten. Auch begrüssen wir die offene Kommunikation über die mögliche Verwendung von GVO während des Herstellungsprozesses, wie diese auf den Websites der Labels zu finden ist. Es wäre jedoch wünschenswert, dass die Information, ob bzw. dass bei der Herstellung GVO verwendet werden, direkt durch einen Vermerk auf dem Produkt sichtbar gemacht wird. Nur so können Konsumentinnen und Konsumenten bewusste Entscheidungen beim Kauf treffen.