Die UNO warnt in einem neuen Bericht (UN-Report Frontiers 2018/19) vor fünf globalen Umweltrisiken, die zu wenig beachtet werden: die fortschreitende Zerschneidung von Lebensräumen, das Verschwinden des Permafrostes, der immense Ausstoss von Stickstoff, misslungene Anpassungen an den Klimawandel und die neusten Entwicklungen auf dem Gebiet der Biotechnologie. Zu letzteren gehören Werkzeuge der synthetischen Biologie.
Die synthetische Biologie zielt darauf ab, Lebewesen so zu verändern, wie es sie in der Natur sonst nicht gibt. Mit ihr soll menschlichen Bedürfnissen entsprochen werden. Dem Bericht zufolge sollen Anwendungen der synthetischen Biologie in der Zukunft ein grosses Marktpotenzial haben. Bis 2022 könnten sie einen Marktanteil von 13.9 Milliarden US-Dollar darstellen.
Die Möglichkeit, Organismen auf genetischer Ebene erfolgreich zu verändern, habe Wissenschaftler und die Öffentlichkeit gleichermassen begeistert. Diese Fähigkeit, bestehende DNA zu verändern und synthetisches Leben zu erschaffen, birgt nach Einschätzung der UN-Experten jedoch das Risiko von Kreuzkontamination und unterschiedlichste unvorhersehbare Nebenwirkungen.
Laut Bericht gehen die Anwendungen der synthetischen Biologie weit über die Manipulation von Mikroben im Labor hinaus. Bisher wurden vor allem Bakterien und Hefepilzen für die Laborsynthese von Chemikalien verändert. Neuerdings hält die Technologie auch in die Landwirtschaft, die Medizin und sogar in den Bereich Artenschutz Einzug. Die sogenannten Gene Drives sind möglicherweise die gefährlichsten Anwendungen der synthetischen Biologie in der Umwelt. Mit dieser Technologie lassen sich wildlebende Organismen im Labor so manipulieren, dass sie, in die Natur ausgesetzt, ihre neuen Eigenschaften in einer Art gentechnischen Kettenreaktion dominant an wilde Artgenossen weitervererben. Bislang wurde die Methode nur im Labor getestet. Sie könnte aber zur Ausrottung wildlebender Tier- und Pflanzenpopulationen oder zur Herstellung von Biowaffen verwendet werden.
Die absichtliche oder unbeabsichtigte Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt könnte erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Umwelt haben. So kann der Einsatz dieser Technologie zur Ausbreitung gentechnisch veränderter Arten über internationale Grenzen hinweg und so zur unrückholbaren Veränderung von Wildarten führen.
Der Bericht warnt vor Missbrauch der neuen Technologien. Die Nichtbeachtung unbeabsichtigter Folgen könnte irreversible Umweltschäden verursachen und erhebliche geopolitische Bedrohungen darstellen. Die potenziell weitreichenden Auswirkungen erfordern Forschungsrichtlinien, die eine ethische und verantwortungsvolle Nutzung der neuen Technologien fördern. Gemäss dem Vorsorgeprinzip sei bei der Entwicklung und Handhabung neuer Anwendungen und Produkte eine strenge Risikobewertung und der Einbezug verschiedener Interessengruppen unerlässlich. Zudem sei es dringend notwendig, dass die Entscheidungsträger weltweit zusammenarbeiten, um eine sichere Forschung und Entwicklung in diesem Bereich zu gewährleisten.