Auch in der Schweiz beherrschen Carlsberg und Heineken den nationalen Biermarkt. Unter der Vergabe von Patenten für Braugerste, Brauverfahren und Bier leiden nicht nur kleinere Brauereien, sondern auch Landwirte und Konsumenten. Bild: fotolia
Im November 2016 erklärte die EU-Kommission, dass sie Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung für nicht patentierbar hält. Das hat bisher jedoch keine Auswirkungen auf das Europäische Patentamt (EPA), welches trotz des Verbotes bereits über 100 Patente auf Tomaten, Brokkoli, Gerste und Bier erteilte. Doch nun regt sich Widerstand von Seiten der EU-Regierungen. Sie haben im Februar 2017 eine gemeinsame Initiative für eine Praxisänderung beschlossen. Mit einem offenen Brief an die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga fordern nun ProSpecieRara, SWISSAID und Public Eye, dass sich die Schweiz im Verwaltungsrat des EPA ebenfalls für eine geänderte Praxis bei der Patentvergabe einsetzt.
Pflanzen und Tiere sind keine Erfindung, genauso wenig deren Züchtung durch biologische Verfahren oder zufällige Mutationen. Somit können sie auch nicht patentiert werden. Die EU-Kommission teilt diese Ansicht. Trotzdem unterläuft das EPA zum widerholten Mal europäisches Recht und erteilt an Carlsberg und Heineken Patente für Braugerste, Brauverfahren und Bier. Diese Grosskonzerne profitieren davon gleich doppelt: Sie verdienen am Verkauf des Bieres und am Anbau der Gerste. Ausserdem können die Grossbrauereien andere Züchter daran hindern, eine noch bessere Gerste zu züchten. So weiten die Konzerne ihre Marktmacht weiter aus – zum Schaden von Bäuerinnen und Bauern, Züchtern, anderen Brauereien und den Konsumentinnen und Konsumenten. Die Patente erschweren Bäuerinnen und Bauern nicht nur den Zugang zum Zuchtmaterial, sie mindern auch die Vielfalt und treiben die Preise in die Höhe.
Die angebliche „Erfindung“, für welche das EPA Patente vergibt, beruht auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste, wie sie in der konventionellen Züchtung oft genutzt werden. Die Verwendung der Gerste soll das Bierbrauen vereinfachen und billiger machen, das Bier soll zudem länger haltbar sein.
Carlsberg beherrscht den Schweizer Biermarkt mit einem Marktanteil von rund 45 Prozent. Zum Konzern gehören unter anderem bekannte Biermarken wie Anker, Cardinal, Fribourg, Gurten, Feldschlösschen, Hürlimann, Löwenbräu Zürich, Valaisanne und Warteck. Die Heineken-Gruppe vertreibt in der Schweiz die Marken Heineken, Calanda, Eichhof, Ittinger, Affligen und Desperados.
Nun zeichnet sich aber ein Fortschritt im europäischen Patentrecht ab. Auf Druck der EU-Regierungen muss das Patentamt über die Bücher. Schon im Juni 2017 könnte die Entscheidung im EPA-Verwaltungsrat fallen. Die Forderung ist klar formuliert: Es dürfen keine weiteren Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Zucht erteilt werden. Die Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (darunter auch die Schweiz) müssen jetzt im Verwaltungsrat des EPA dafür sorgen, dass diese Position Bestandteil einer rechtlich verbindlichen Regelung wird.
- Externer Link: no patents on beer
- Externer Link: Offener Brief an Bundesrätin Simonetta Sommaruga