Gentechnisch veränderte Pflanzen stossen bei der Schweizer Bevölkerung nach wie vor auf Ablehnung: 24% Zustimmung vs. 73% Ablehnung. Bild: Shutterstock.
Just zwei Tage vor der Behandlung der Moratoriumsverlängerung erscheint eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gfs.bern zur Haltung der Schweizer Bevölkerung zur Gentechnik . Die Umfrage wurde im Auftrag von swiss-food.ch, einer Plattform, die von Syngenta und Bayer finanziert wird, durchgeführt. Es überrascht daher auch nicht, dass die Umfrage zum Schluss kommt, die Schweizer Bevölkerung stehe der neuen Technik des Genomeditings wohlwollender gegenüber, als dies gemeinhin angenommen würde. «Das Volk ist mutiger als die Politik» titelt der Tagesanzeiger seinen Artikel zur Studie.
Abgefragt wurden verschiedene moderne Technikanwendungen in der Landwirtschaft, zum Beispiel Drohnen zur Überwachung gegen Schädlingsbefall (86% Zustimmung), autonome landwirtschaftliche Maschinen und Traktoren (60% Zustimmung), Vertical Farming (67%) und bodenunabhängige Produktion (52%). Nur eine Technologie erhielt eine mehrheitliche Ablehnung: gentechnisch veränderte Pflanzen (24% Zustimmung vs. 73% Ablehnung). Gemäss der Umfrage sprachen sich 79% der Befragten denn auch für die vom Bundesrat vorgeschlagene Verlängerung der Moratoriums aus.
Wenig konnten die Befragten mit dem Begriff der Genomeditierung anfangen. Knapp die Hälfte der Befragten konnte die Frage auf Anhieb nicht beantworten. Mit Genom-Editierung gezüchtete Pflanzen erhielten 22 Prozent Zustimmung, 33 Prozent Ablehnung und 45 Prozent „weiss nicht“. Offensichtlich bestehe eine grosse Wissenslücke bezüglich genomeditierter Pflanzenzucht, heisst es in der Studie.
Die anfängliche Ablehnung habe sich nach Erklärungen zur Genomeditierung gewandelt und 65 % hätten sich danach für deren Anwendung ausgesprochen. Wen wundert’s. Denn die Erläuterung der Meinungsforscher lautet: «Nun gehen wir etwas näher auf die Genom-Editierung ein. Diese neuere wissenschaftlich anerkannte Technologie erleichtert die Züchtung von Pflanzen, die beispielsweise gegen bestimmte Krankheiten resistent sind. Genom-editierte Pflanzen lassen sich kaum von konventionell gezüchteten Pflanzen unterscheiden, kommen aber im Gegensatz zu herkömmlichen Züchtungsmethoden ohne radioaktive Bestrahlung oder chemische Behandlung aus. Eine Anwendungsform ist die Genschere – auch teilweise als Crispr/Cas bekannt. Die Genschere ermöglicht im Gegensatz zu herkömmlichen Züchtungsmethoden eine zielgenaue und viel schnellere Veränderung am Genom. Auch in der Natur geschehen ständig Erbgutveränderungen (Mutationen), allerdings nicht gezielt.»
Kein Wort zu Risiken, kein Wort zu Wissenslücken oder zum Stand der Verfügbarkeit solcher Pflanzen. Hingegen werden in der Folge eine Auflistung von möglichen positiven Anwendungen aufgezählt, so zum Beispiel traditionelle Apfelsorten, die dank Genomeditierung resistent gegen Feuerbrand werden, Weizen, der weniger oft Mehltau bekommt und seltener mit Pestiziden gespritzt werden müsse, oder wenn die Technologie dazu führe, dass Kleinbauern in Entwicklungsländern weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen müssten. Unerwähnt bleibt hingegen das Urteil des europäischen Gerichtshof, das zum Schluss kommt, dass Genomediterung der Gentechnikregulierung unterstellt werden müsse, da eine «Geschichte der sicheren Anwendung» fehle und dass der Bundesrat diese Einschätzung übernommen hat und die neuen Gentechnikverfahren daher zwingend dem Gentechnikmoratorium unterstellen will.
Nach diesen schönfärberischen Beispielen mit Wunderpflanzen, von denen real keine auch nur annähernd Marktreife hat – eine Information, die aber den Befragten auch vorenthalten wurde - erkennt laut Studienautoren eine grosse Mehrheit die Nützlichkeit der Genomeditierung. Trotzdem sei die Meinung in der Schweizer Stimmbevölkerung zu einem vorläufigen Verbot stark umstritten. Während eine relative Mehrheit von 45 Prozent nunmehr gegen ein vorläufiges Verbot sei, seien 39 Prozent dafür. 16 Prozent enthielten sich ihrer Stimme respektive gaben an, die Technologie zu wenig gut zu kennen.
Eine klare Mehrheit von 61 % ist aber der Ansicht, es könne auch nochmals vier Jahre gewartet werden, um die Chancen und Risiken später zu beurteilen. Der Meinungsumschwung scheint so hypothetisch zu sein wie das Potential der Wunderpflanzen.